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Vor gut gefülltem Vortragssaal referierte am 05.11.19 Prof. Taube von der Unis Duisburg-Essen in der gemeinsam von der GDCF und der IHK geplanten Veranstaltung über die den Handelsstreit zwischen den USA und China.

Der Handelsstreit sei trotz seiner wirtschaftlichen Auswirkungen eher eine ärgerliche Nebensächlichkeit. Viel wichtiger und für die Zukunft entscheidender sei der Kampf um die technologische Vormachtstellung in der näheren Zukunft. Solche Kämpfe habe es schon immer geben; sie wären in den vergangenen Jahrtausenden militärisch entschieden worden.

China hat in den vergangenen 40 Jahren wirtschaftlich enorm aufgeholt. Entwicklungstechnisch auch; China beabsichtigt, 2030 das globale KI-Zentrum zu werden. Und "etwa 15 Jahre später will das Land die komplette Herrschaft auf allen relevanten Industrieebenen innehaben", beschreibt Prof. Taube die nähere Zukunft.

 

 https://ihk-siegen.de/hn/presse/pressemeldungen/2019/2-halbjahr/nr-096-herrschaft-auf-allen-relevanten-industrieebenen/

(Verlinkung steht aus; deswegen Pressemeldung s.u.)

 

IHK - Siegen 13.11.2019
Nr. 096: „Herrschaft auf allen relevanten Industrieebenen“: Prof. Dr. Markus Taube bezog Stellung zum Handelsstreit zwischen China und den USA


11.11.2019 |„Wir müssen Chinas Wirken differenziert betrachten“,
appellierte Prof. Dr. Markus Taube an seine interessierten Zuhörer
im Bernhard-Weiss-Saal der Industrie- und Handelskammer
Siegen. Auf Einladung der IHK und der Gesellschaft für Deutsch-
Chinesische Freundschaft Siegen e.V. referierte der renommierte
Sinologe und Volkswirt über die aktuellen Entwicklungen im
Handelsstreit zwischen der Volksrepublik und den USA. In seinen
Ausführungen plädierte er dafür, die Geschehnisse sachlich zu
analysieren. Zwar lasse sich das Handeln des Staatspräsidenten Xi
Jinping aus hergebrachter westlicher Perspektive nicht ohne
kritische Anmerkungen bewerten. Dennoch müsse man auf der
anderen Seite auch festhalten, dass die politisch-ökonomischen
Aktivitäten des Landes in den vergangenen vier Dekaden
beeindruckende Resultate hervorgebracht hätten.
Als exportstarke Nation sei Deutschland in besonderem Maße von
dem nunmehr fast 500 Tage währenden Handelsstreit betroffen.
Vor allem aber sorgten sich die Vereinigten Staaten um die
Position als unangefochtener Treiber im Weltgeschehen. „Die
Geschichte der letzten 2000 Jahre zeigt, dass drei Viertel ähnlicher
Konstellationen letztlich in militärischen Auseinandersetzungen
endeten“, mahnte Markus Taube. Zweifelsfrei sei die Frage des
Machtgefüges zwischen den USA und China die vorrangige
strategische Richtungsweisung des 21. Jahrhunderts. Wer nun
aber eine Prognose über den Ausgang anstelle, liege ziemlich
sicher falsch: „Es ist zum jetzigen Zeitpunkt alles noch
Kaffeesatzleserei.“ Fakt sei, dass die Volksrepublik durch das im
Fachjargon „Nachholendes Wachstum“ genannte Vorgehen frühere
Defizite kompensiert habe. Dem Staat sei es gelungen, durch
Akribie und ein über viele Branchen hinweg klug durchdachtes
Adaptieren funktionierender Technologie-, Arbeitsmarktordnungsund
Sozialsysteme zu einer wirtschaftlich prägenden Kraft zu
avancieren.


Jetzt bedürfe es für China aber einer grundlegenden
Neuausrichtung, um weiterhin aufsteigen zu können. Die größte
Hoffnung der staatlichen Führung bestehe in dem enormen
Potenzial, das die Digitalisierung bereithalte. Während die
Entwicklung rund um die Industrie 4.0 und die Künstliche
Intelligenz (KI) in Europa bisweilen mit Angst verfolgt werde, stelle
der technologische Wandel aus Sicht Chinas vor allem eines dar:
eine gigantische Chance, neue Möglichkeiten zu generieren und
sich von der internationalen Konkurrenz abzuheben. China strebe
danach, spätestens im Jahr 2030 das globale KI-Zentrum zu sein.
„Etwa 15 Jahre später will das Land die komplette Herrschaft auf
allen relevanten Industrieebenen innehaben“, konstatierte Markus
Taube. Der wichtigste Baustein, um im Kontext der Digitalisierung
die gewünschten Maßstäbe zu setzen, fehle der Volksrepublik
jedoch: „Sie ist in der Halbleitertechnik mindestens zwei
Generationen im Rückstand. Und genau an dieser Stelle kommt
Donald Trump ins Spiel.“ Der US-Präsident ziele darauf ab, Chinas
Wachstum durch die Exportverbote im Bereich der Chip-
Technologie auszubremsen. Zu seinen konkreten Maßnahmen
zählten zudem neben den verhängten Zöllen auf Importe aus China
und dem Technologie-Lieferstopp an Unternehmen aus der
Volksrepublik beispielsweise restriktivere Genehmigungsprozesse
für chinesische Direktinvestitionen in den USA. Auch
Sekundärsanktionen gegen Drittparteien im internationalen
Handel, wie zum Beispiel deutsche Unternehmen, setze Trump
bewusst ein. China wiederum leite Ausweichmanöver wie
intensivierte Freihandelsabkommen mit anderen Staaten ein.
Ferner initiiere die Führung Vergeltungsmaßnahmen, darunter
formale WTO-Beschwerden und eine verstärkte Exportförderung
durch staatliche Agenturen. Informelle Gegenschläge wie erhöhte
bürokratische Hindernisse für US-Investoren oder die Torpedierung
diplomatischer Initiativen befänden sich ebenfalls auf der Agenda.
In jedem Fall werde China massive Anstrengungen zur Stärkung
seiner nationalen Technologie-Kompetenz in Schlüsselindustrien
vornehmen. Entscheidende Bedeutung werde dabei der Frage
zukommen, ob sich das Land in Bezug auf die Halbleitertechnik
von den USA emanzipieren könne."
https://www.ihk-siegen.de/hn/presse/pressemeldungen/2019/2-halbjahr/nr-096-herrschaft-auf-allen-relevanten-industrieebenen/