Hilfe mit Masken und Militärmaschinen

 Italien und andere Staaten erfahren in der Corona-Krise ungewohnte Unterstützung aus Russland, China und Kuba. Damit hat sich die EU bisher schwer getan. 

SZ-Autoren

25.03.20, SZ, Seite 6

 

Ein ungewohntes Bild in Italien: russische Militärlastwagen, vollbepackt mit Schutzmasken, Schutzanzügen, Desinfektionsmitteln etc, rollen in der Nähe von Rom aus Iljuschin-Flugzeugen. An der Kühlerhaube kleben große Herzen mit den russischen und italienischen Nationalfarben; darunter steht "From Russia with love" (Originaltitel des Bond-Films "Liebesgrüße aus Moskau").

Jedoch waren die Chinesen die ersten, die jetzt 31 Tonnen an Hilfsgütern, insbesondere auch Beatmungsgeräte, nach Italien schickten. Die Beziehungen zu Italien sind gut, da Italien als einziges G 7-Land das Projekt der Neuen Seidenstraße unterstützt. Außerdem bauen chinesische Firmen am italienischen G5-Netz.

China betreibt eine regelrechte Maskendiplomatie. Mit Ausbruch der Coronakrise wurde der Export von Masken etc. gestopt und die Produktion auf ca. 115 Millionen Masken/d hochgefahren. China ist jetzt weltweit der wichtigste Hersteller. Auf Nachfrage der SZ bestätigten mehrere Firmen das Verbot, Bestellungen aus dem Ausland beliefern zu dürfen, was allerdings von offizieller Seite abgestritten wird. Die jetzigen Lieferungen versendet Peking medienwirksam, auch mit Kamerateams. Die Kommunistische Partei will das Land sein, das die Welt rettete, und vom Ausgangsort der Krise ablenken.

Spanien hat bereits 500 000 einfache OP-Masken erhalten. Tschechien 1,1 Millionen fetere N95-Filtermasken. Auch die EU wird zwei Millionen OP-Masken erhalten und 200 000 N95-Masken und 50 000 Test-Kits.

Während der Corona-Krise in Europa sind Spendenaufrufe für Afrika nicht mehr zu hören. In Afrika sind bisher erst 1 700 Corona-Patienten getestet. Doch meint der Virologe Drosten, in Afrika wird es bald "Szenen geben, die wir uns so heute nicht vorstellen können". Und China hat auch Afrika im Blick: in denletzten Tagen landete ein Transportflugzeug mit 5,4 Millionen Gesichtsmasken und 1,1 Millionen Test-Kits in Addis Abeba.

Internationale Hilfe kommt im Augenblick vor allem aus China, Russland, aber auch aus Kuba und Argentinien. Um die EU ist es relativ still; sie kämpft um ihr Image. Es gibt zwar seit 2001 einen europäischen Katastophen-schutzmechanismus. Dafür sind aber die einzelnen Mitgliedsstaaten verantwortlich und die denken momentan fast nur an sich. Eine gesamteuropäische Krisenantwort kann es erst geben, wenn die Mitgliedsstaaten bereit sind, Kompetenzen an die EU abzugeben.

 

https://www.sueddeutsche.de/politik/corona-europa-hilfslieferungen-corona-russland-china-kuba-1.4855527?reduced=true   (Link kann nicht gebührenfrei geöffnet werden)

 

 

 

Die Profieure

Die Volksrepublik hat anfänglich die Corona-Krise verschleppt, jetzt inszeniert sich Peking als Retter Europas. Das ist gefährlich.

Daniel Brössler

25.03.20 SZ, Seite 4 (Kommentar)

 

China bemüht sich mit dem Projekt der Neuen Seidenstraße um mehr Einfluss auch in Europa. Mit dem Zuckerbrot günstiger Investitionen oder entsprechender Hilfsprojekte werden vor allem die schwächeren Länder Europas an China gebunden. Allerdings folgt bei Kritik an der chinesischen Politik wie z.B. gegenüber Taiwan, den Uiguren oder Hongkong schnell die Peitsche in Form von erheblichem politischen oder wirtschaftlichen Druck.

China geht es in den letzten Jahren nicht mehr nur um wirtschaftlichen Aufstieg, sondern auch um Geländegewinne im Systemwettbewerb. Die jetzige Weltcoronakrise kann, auch wenn sie in China ihren Ursprung hatte, Peking in seinem Bemühen unterstützen.

 

 

https://www.sueddeutsche.de/politik/coronavirus-corona-krise-china-europa-kommentar-1.4855281