Pekinger Propaganda-Virus

Kaum ist Corona im Land eingedämmt, will die Führung die Geschichte der Pandemie umschreiben: Deren Ursprung schiebt sie anderen zu und inszeniert sich als Retter der Welt.

Lea Deuber

28.03.20 SZ, Seite 9

 

Jetzt, da die Neuinfektionen in China offiziell drastisch zurückgegangen sind und die Restriktionen gelockert werden, bemüht sich Peking darzustellen, dass China die Epidemie im Land so vorbildhaft bekämpft habe wie kein anderes Land. Von den Versäumnissen um die Jahreswende, von der Kritik am System ist nicht mehr die Rede; sondern Peking stellt sich als grenzüberschreitender Kümmerer dar; als Retter wie 2008, als China nach der Weltwirtschaftskrise mit einem gewaltigen Maßnahmenpaket der stauchelnden Weltwirtschaft aufhalf.

Durch Lieferungen von Schutzausrüstung weltweit will China sich als Helfer und einzig handlungfähiger Akteur in der Not inszenieren, wobei unterschlagen wird, dass ein Teil der 'Hilfslieferungen' gekaufte Exporte sind. Xi plant bereits eine Neue Seidenstraße der Gesundheit.

Dabei werden auch die Zusammenhänge in neuem Blickwinkel dargestellt: in einer Pressekonferrenz Ende Februar wurde bestätigt, dass das Corona-Virus das erste mal in China festgestellt worden sei; aber der Ursprung des Virus könne durchaus woanders liegen! Zwei Wochen später kommt die Vermutung aus dem Pekinger Außenministerium, dass das US-Militär das Virus nach Wuhan gebracht haben könnte und in Diskussionrunden im Fernsehen wird gemutmaßt, dass, wenn in den USA schon so früh an einem Impfstoff gearbeitet werden könnte, dann müsse das Virus auch von dort kommen.

 

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