Auf Eskalationskurs

Vor nicht allzu langer Zeit schwärmte Donald Trump vom großartigen Verhältnis zu China. Nun hat er beschlossen, das Land zum Hauptschuldigen in der Corona-Pandemie zu erklären - und seine Kampagne hat gerade erst begonnen.

Hubert Wetzel

25.05.20 SZ, Seite 2

 

Vor drei Jahren schwärmte Trump noch, dass er beim Besuch von Xi Jinping in den USA ein 'großartiges' Verhältnis zu Xi aufgebaut habe. Davon kann heute keine Rede mehr sein; inzwischen wird von einem neuen kalten Krieg gesprochen.

Auslöser für die jüngsten Spannungen ist die Corona-Krise, die in den USA bereits über 100.000 Todesopfer gefordert hat. Der Ausbruch in Wuhan war zunächst von Peking vertuscht und dann die Gefahr klein geredet worden. Später wurde von chinesischer Seite der Ausbruch der Virusinfektion US-Soldaten angelastet. - Trump hat das Virus zunächst zwar auch heruntergespielt. Aber bei dem dramatischen Verlauf und der bevorstehenden Präsidentenwahl in den USA ist es auch simple Wahlkampftaktik, dass vom 'chinesischen Virus' oder vom 'Wuhan-Virus' gsprochen wird.

Doch die Probleme zwischen den USA und China reichen tiefer und habe eine wesentliche Wirtschaftskommponente. Trump will das große Handelsbilanzdefizit verringern, Arbeitsplätze wieder in die USA zurückholen, mehr Unabhängigkiet bei strategisch wichtigen Wirtschaftsgütern gewinnen und außerdem den Diebstahl intellektuellen Eigentums durch chinesische Firmen stoppen.

Für eine Gruppe amerikanischer Politiker, zu denen auch der Vizepräsident und der Außenminister gehören, geht der Konflikt noch tiefer. In ihren Augen geht es um die Hegemonie im 21. Jahrhundert. Sie glauben, dass internationale Abkommen und Institutionen, auf denen die USA die Nachkriegsweltordnung aufgebaut haben, von China ausgenutzt werden. So hat Washington wichtige Rüstungskontrollverträge gekündigt mit der Begründung, dass sie die USA sicherheitspolitisch binden würden, nicht aber den neuen Rivalen China. Der Zahlungsstop an die WHO und die Sabotage der Welthandelsorganisation haben ähnliche Gründe; beide sieht Trump als chinesische Handlanger an.

 

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