Der Rückfall

Die liberale Ordnung des Welthandels löst sich immer weiter auf. An die Stelle tritt ein aggressiver Merkantilismus.

Nikolaus Piper

07.08.20 SZ, Seite 16

 

Fast täglich kann man zuschauen, wie die liberale Weltwirtschaftsordnung unter dem Druck von Corona, Trump und China zerbröselt. Es ist ein Rückfall zu beobachten in einen kurzsichtigen Merkantilismus, den man längst überwunden glaubte. Wohlstand entsteht, so dessen Credo, am besten dadurch, dass man heimische Märkte abschottet.

Die chinesischen Kommunisten verhielten sich nach dem Tod Maos wie klassische Merkantilisten: Sie förderten den Gewerbefleiß, ließen ausländische Investoren ins Land (und gängelten sie gleichzeitig), sie erwarben technisches Wissen (mal mehr, mal weniger legal), eroberten fremde Märkte und schützten gleichzeitig die eigenen. Auf diese Weise wurde die Volksrepublik in Rekordzeit zur zweitgrößten Wirtschaftsmacht der Welt. Kein Wunder, dass die merkantilistische Versuchung heute so groß ist.

Und Trump wehrt sich gegen China, indem er seine Methoden den chinesischen anpasst; Amerika wird merkantilistischer und weniger marktwirtschaftlich.

Und dann Corona. Viele Länder haben in diesem Frühjahr die Erfahrung gemacht, dass die Versorgung mit verschiedenen Medikamenten gefährdet war oder erschien, weil diese fast nur noch in China produziert wurden. Auch in Deutschland gibt es nun Bestrebungen, die Produktion wichtiger Medikamente zurückzuholen.

Daran kann man angesichts des chinesischen Merkantilismus wenig aussetzen. Außer vielleicht, dass es viel einfacher wäre, wenn sich alle Staaten verlässlich an die Regeln des freien Welthandels hielten.

 

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sws