Kampf der Systeme

Donald Trump bezeichnet China als zentrale Bedrohung für die Vereinigten Staaten. Das mag Wahlkampfstrategie sein - doch die Frage bleibt: Wie geht es danach weiter?

Lea Deuber

23.10.20 SZ - Seite 7

 

Lange währte die "ewige Freundschaft" nicht, die US-Präsident Trump seinem chinesischen Amtskollegen Xi bei einem Treffen in den USA schwor. Bereits zwei Jahre später sind die Beziehungen zwischen beiden Ländern auf einem Tiefpunkt. Glaubt man Trump jetzt, dann ist China eine "existenzielle Bedrohung" für die USA und eine Gefahr für das Leben und die Sicherheit aller Amerikaner. "Wenn ich nicht gewinne, wird China die USA besitzen".

Im vergangenen Jahr hatte Trump noch Xis Vorgehen in Hongkong unterstützt. Und er soll auch Xi ermutigt haben, den Bau von Lagern in Xinjiang fortzusetzen, um die Fortschritte beim Handelsdeal nicht zu gefährden. Im Wahlkampf hat diei US-Regierung dann Sanktionen gegen China erlassen u.a. wegen Hongkong und Xinjiang.

Das US-Justizministerium hat im Kampf gegen Wirtschaftsspionage und andere Sicherheitsrisiken in Zusammenhang mit China die "China Initiative" gegründet. Keine andere Intitiative hat sich bisher pauschal gegen ein Land gerichtet. Margaret Lewis von der Nationalen Universität Taiwan sieht das Problem der China-Politik unter Trump darin, dass die Politik sich nicht gegen den Parteistaat der KP, sondern gegen Nationalität, Ethnie und jegliche Personen richtet, die etwas mit China zu tun hätten.  Es werde noch nicht unverblümt gesagt, "haltet Ausschau nach den Chinesen". Aber die Behörden verbreiteten Klisches, die Sinophobie verstärken. Und tatsächlich hat die Zahl der Übergriffe gegen asiatisch-stämmige Menschen in den USA drastisch zu genommen.

Sollte Joe Biden die Wahl gewinnen  dürfte er eine deutlich differenziertere China-Politik anstreben. Für die Demokraten ist China eine Herausforderung, aber keine unlösbare.

Welchen Ausgang sich die Führung in Peking bei den Wahlen erhofft, ist nicht klar. Der selbstzerstörerische Kurs, mit dem Trump die US-Gesellschaft gespalten und die Bündnisse mit anderen Staaten geschwächt hat, dürfte Peking für eine Chance halten. Der Chefredakteur der Global Times schrieb kürzlich, er würde der Trump-Regierung danken. Sie würde China dabei helfen, die Solidarität und den Zusammenhalt in besonderer Weise zu stärken. "Das ist zentral für Chinas Aufstieg".

 

 

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