Hauptsache, keine Angriffsfläche für Trump

Warum Peking sich mit Glückwünschen für Joe Biden zurückhält

Firiederike Böge

11.11.20 FAZ, Seite 2

 

Ein Grund für Pekings tagelange Zurückhaltung, dem mutmaßlichen Gewinner der US-Präsidentenwahl zu gratulieren, ist die Sorge, den Zorn Trumps auf sich zu ziehen. China fürchtet, dass der scheidende Präsident auf der Suche nach einem Sündenbock für seine Niederlage nach Peking schauen könnte und dass Außenminister Mike Pompeo seine verbleibende Zeit im Amt bis zum 20. Januar nutzen könnte, um weitere Strafmaßnahmen gegen China auf den Weg zu bringen. Schon in den vergangenen Wochen hatte Peking sich erkennbar bemüht, keine Angriffsfläche für Trump zu bieten. So sparte es ausgerechnet Amerika aus, als es jüngst neue Einreiseverbote für Bürger aus Ländern erließ, in denen sich das Coronavirus besonders schnell verbreitet.

Trumps Weigerung, seine Niederlage einzugestehen, spielt der chinesischen Propaganda in die Hände. Die amerikanische Demokratie sei ein einziges Chaos, und die Supermacht befinde sich im Niedergang.

Die Führung in Peking richtet sich trotzdem darauf ein, dass Amerika China auch unter Präsident Biden als strategischen Rivalen behandeln wird, wenn auch mit berechenbareren Taktiken und einer weniger konfrontativen Rhetorik.

Mit großer Aufmerksamkeit wird in Peking verfolgt, wie sich Bidens Ankündigung, in der China-Politik den Schulterschluss mit Amerikas Verbündeten zu suchen, auswirken könnte. - Potential für Kooperation mit der künftigen amerikanischen Regierung sieht Peking im Klmaschutz und in der Pandemiebekämpfung.

Wichtig für die zukünftigen Beziehungen wird auch sein, wie Biden sich in der Taiwan-Frage positioniert.

 

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