Eine Lektion für die ganze Welt

Im Streit mit Australien lässt China seine Muskeln spielen und will ein Exempel statuieren. Doch die Regierung in Canberra gibt nicht nach. Der Rest der Welt sollte genau hinschauen.

Christoph Hein, Singapur

06.12.20 (aktualisiert)

 

Peking will keine Gerste mehr aus Australien, keine Kohle, keinen Wein. Es warnt seine Bürger, nach ,,Down Under,, zu reisen oder dort zu studieren. Australien, vielen auf der Welt das Land ihrer Träume, wurde zum jüngsten Feindbild der Kommunistischen Partei: Der Fünfte Kontinent sei aggressiv, provokant und verhalte sich dumm.

Der australische Ausschluss der beiden Technikriesen Huawei und ZTE und später die australische Forderung, den Coronaausbruch in China von einer internationalen Wissenschaftlergruppe aufarbeiten zu lassen, hat Peking sehr verärgert. Und dabei zahlt Peking durch seine Studenten in Australien Milliarden Dollar an australische Universitäten. Außerdem stützen Chinesen den australischen Immobilienmarkt und ferner ist China der wichtigste Handelspartner Australiens.

Der Puls der australischen Geschäftsleute stieg, ,,Ich kenne nicht einen Manager, der denkt, dass die Regierung die China-Beziehungen ordentlich führe" monierte Graham Bradley, einst Cheflobbyist des Business Council of Australia. Die Hand. die einen füttert, solle man nicht beißen. Im August ging der Rekordwert von fast 49 Prozent des australischen Exports nach China. Ein Handelskrieg könnte ein Fünftel des autralischen Exports kosten.

Und hatte nicht sogar Xi Jinping Kreide gefressen? ,,Wir werden keinen Kursschwenk vornehmen und uns gegen den weltgeschichtlichen Trend stellen, indem wir uns abspalten oder eine schmale Gruppe bilden, die andere ausschließt", rief Chinas Präsident der Welt auf dem Gipfel der Pazifikstaaten zu. Er nutzte das Vakuum, das Donald Trumps Desinteresse an Asien hinterließ. - Nur eine Woche später verhängte sein Land 212 Prozent Strafzölle auf australischen Wein.

Doch die Auseinandersetzung beschränkt sich nicht auf die Wirtschaft. Australien ist traumatisiert durch die Erkenntnis, dass ihre Elitesoldaten bestialische Verbrechen in Afghanistan ausgeführt hatten, was zur Zeit in Australien auch juristisch aufgearbeitet wird. Entsprechende Fotomontagen werden auch durch das chinesischen Außenministerium in Umlauf gebracht. Australien revanchiert sich mit Xinjiang und dem Umgang mit den Uiguren.

Die chinesische Attacke auf Australien ist so übertrieben, dass der Rest der Welt sie als Weckruf empfindet. ln seinen neuen "Leitlinien zum lndo-Pazifik" wendet Deutschland den Blick auf das Asien und Ozeanien jenseits von China'. Nun gelte es, ,,Wertepartner, wie etwa Südkorea, lndien, Japan, Australien oder Neuseeland"  stärker zu beachten.

 

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