Der Tanz beginnt

Die neue US-Regierung weiß: die Beziehungen zu China werden über die künftige Ordnung auf der Welt entscheiden. Während Präsident Xi Jinping militärische Stärke beschwört, starten die USA zaghafte diplomatische Manöver. 

Stefan Kornelius

11.03.21 SZ, Seite 8

 

Chinesische Soldaten während einer Militärparade auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking: Der

Volkskongress wird dasStreitkräfte-Budget allein in diesem Jahr um 6,8 Prozent steigern. (Foto: Greg Baker/AFP)

 

Möglicherweise kommte es in den nächsten Tagen zu ersten zaghaften Annäherungsversuchen zwischen der neuen US-Regierung und China, sollte  sich der neue amerikanische Außenminister Blinken mit dem ranghöchsten Außenpolitiker der Kommunistischen Partei, Yang Jiechi, und dem Außenminister Wang Yi in Alaska treffen, also auf halbem Weg zwischen Peking und Washington.

Gleichzeitig wird der gegenseitige Druck hochgehalten. China will das Militärbudget um 6,8% erhöhen. Außerdem hat Xi Jinping während der Tagung des Volkskongresses vor einer Militärdelegation die kämpferischen Parolen augegeben, dass die Streitkräfte sich auf ihre Kampfbereitschaft konzentrieren und immer bereit sein müssten, "auf verschiedenste komplexe und schwierige Situationen zu antworten".

US-Präsident Biden dagegen wird in diesen Tagen an einem virtuellen Treffen mit den Regierungschefs von Indien, Auistralien und Japan teilnehmen und über Klimafragen, Handelsketten, aber auch über maritime Sicherheit beraten. Kurz danach werden der US-Außenminister Blinken und Verteidigungsminister Austin zu einer hochsymbolischen Reise nach Japan und Südkorea aufbrechen. Das Pentagon sprach von einem "eisernen Bekenntnis" gegenüber Südkorea - eine militärische Beistandsverpflichtung, die es so von Trump nicht gegeben hatte.

Gleichzeiitig gab Admiral Davidson, der ranghöchste Militär in der Pazifikregion, eine krachende Warnung vor den mititärischen Ambitionen Chinas ab. China bereite sich auf "aggressive Aktionen" vor und verschiebe einseitig den Status-quo in der Region.

Das diplomatische und militärische Kräftemessen zwischen Washington und Peking gilt nur als Beginn einer langwierigen Aueinandersetzung, in der die Großmächte ihr Verhältnis und ihre Einflussbereiche klären müssen.

 

https://www.sueddeutsche.de/politik/usa-china-biden-sicherheitspolitik-pazifik-1.5231365?reduced=true  gebührenpflichtig

 

 

Ein Land zum Fürchten

Die Zeit der Öffnung und Kooperation ist vorbei. Staatschef Xi will militärische Dominanz und wirtschaftliche Autonomie. Der Rest der Welt sollte sich wappnen.

Christoph Giesen

11.03.21 SZ, Seite 4 (Kommentar)

 

Die erfolgreiche Öffnungpolitik Chinas der vergangenen Jahrzehnte, die Zeit der Kooperation ist vorbei. Die Führung Chinas rüstet militärisch auf und schlägt einen bedrohlich nationalistisch klingenden Ton an.

Die Volksbefreiungsarmee müsse sich auf die "Kampfbereitschaft" konzentrieren, befahl Xi Jinping. In Amerika spielt man daher bereits das Szenario eines chinesischen Angriffs auf Taiwan durch. - Jahrelang hatte Peking versucht, die Bürger Taiwands von einer Wiedervereinigung nach dem Vorbild Hongkongs zu überzeugen. Ein Land, zwei Systeme. An dieses Modell mag niemand mehr nach 2020 so recht zu glauben.

Auch wirtschaftlich versucht Peking unabhängiger zu werden. Die Nachfrage in China selbst soll verstärkt werden; dafür soll viel Geld für Forschung und Enmtwicklung ausgegeben werden. Dem internationalen Handel wird nur noch eine unterstützende Funktion zugeschrieben.

 

https://www.sueddeutsche.de/meinung/china-militaer-wirtschaft-autonomie-1.5231053

 

 

 Unter dem Gefrierpunkt

Das politische Klima zwischen den USA und China ist kaum wärmer als das Wetter beim Treffen in Alaska. Die Chinesen nutzen die Eröffnung direkt zu einer Art diplomatischem Überfall vor laufenden Kameras. 

Hubert Wetzel

20.03.21 SZ, Seite 8

Diplomatie

Die Eröffnungssitzung der US-China-Gespräche im Captain Cook Hotel in Anchorage. Foto: Frederic J. Brown/Pool via AP/dpa (Foto: dpa)

Wenn der Auftackt der ersten Gespräche zwischen China und den USA auf oberster politischer Ebene eine Messlatte für den Zustand der chinesisch-amerikanischen Beziehungen war, dann stehen dem Verhältnis zwischen Peking und Washington frostige Zeiten bevor.

Die Chinesen nutzten die Eröffnung des Treffens allerdings zu einer Art diplomatischem Überfall. Yang Jiechi attackierte die Gastgeber vor laufenden Kameras scharf. Die USA könnten nicht den Anspruch erheben, die Ordnungsmacht in der Welt zu sein. Demokratie, Minderheitenrecht - mit welchem Recht mache ein Land, in dem Schwarze getötet würden und Wahlchaos herrsche, der Welt Vorschriften? "Ich glaube nicht, dass die Mehrheit der Länder auf der Welt die Werte anerkennen, die die USA vertreten", sagt Yang Jiechi.

Die Chinesen wussten, dass der US-Außenminister Blinken und der Sicherheitsberater Suzllivan nicht nett plaudern wollten, sondern eine Liste von besorgniserregenden Punkten vorlegen würden. Dazu gehört der "Genozid" in Xinjiang, die antidemokratischen Maßnahmen in Hongkong, die chinesischen Drohungen gegen Taiwan, die Gebietsansprüche im Südchinesischen Meer, der Wirtschaftsboykott gegen Australien.

Biden knüpft zum Teil an die eindimensionale, auf Handelsstreit angelegte Politik von Trump an, aber er geht deutlich strategischer vor. Das beginnt mit dem virtuellen Gipfel mit drei wichtigen Verbündeten Australien, Japan, Indien und dem demonstrrativen Besuch von Blinken in Japan und Südkorea. Ein zweiter Bestandteil von Bidens Strategie ist, die USA in den wirtschaftlichen Bereichen wieder an die Weltspitze zu bringen. Biden will daher in Infrastruktur, in Zukunftstechnologie und Spitzenforschung investieren. Die Bewältigung der Coronakrise ist dabei ein wesentlicher Schritt.

Das Treffen in Alaska hat allerdings deutlich gemacht, dass Peking seine neugewonnene starke Stellung in der Welt nicht ohne Widerstand wieder räumen wird.

 

https://www.sueddeutsche.de/politik/usa-china-alaska-anchorage-1.5240256