Tod und Spiele

Die Führung des Landes will das Sportfest schon seit Langem zu einer Mega-Propaganda-Show umfunktionieren. Das dürfte allmählich doch etwas schwierig werden.

Lea Deuber, Alan Cassidy

08.04.21 SZ, Seite 2

 

Beijing 2022 Olympics Testing Activities - Day 3

 

Es sollen Megaspiele werden: China hat Milliarden in den Bau neuer Sportstätten gesteckt - das neue Eisstadion in Peking.

(Foto: Lintao Zhang/Getty Images)

 

Eine riesige Uhr im Olympiapark in Peking, enthüllt 1000 Tage vor Beginn der olypischen Winterspiele 2022, zählt den Countdown herunter. Am Tag 500 veranstaltete Peking eine Vorfeier an der Chinesischen Mauer. Im Gedächtnis bleiben dürfte allerdings der Tag 304; denn an diesem Tag erklärte der Sprecher des US-Außenministeriums, dass ein Boykott der Winterspiele zusammen mit den Verbündeten durchaus in Betracht komme. Er relativierte seine Aussage kurz später; aber trotzdem war der Geist aus der Flasche.

Es sollen Megaspiele werden. Das Land hat Milliarden in den Bau neuer Austragungsstätten investiert, komplette Skigebiete neu angelegt. Und in kürzester Zeit hat es sogar eigene Sportler heranziehen lassen.

Als die Entscheidung ein Jahr nach Sotschi für Peking 2015 fiel, war der Ärger groß, da in der chinesischen Region noch weniger Schnee fällt. Es braucht also ein Bataillon an Schneekanonen; ganze Dörfer mussten zudem umgesiedelt werden und eine neue Schnellzugstrecke wurde gebaut zur Überbrückung der Entfernung zwischen den Austragungsstätten.

Peking stand 2015 in der Kritik wegen seines Vorgehens gegen Hunderte Rechtsanwälte und Aktivisten. Doch damals hat man sich Pekings Vorgehen in Xinjiang und Hongkong nicht vorstellen können. Staaten werden nun Athleten in ein Land entsenden, das nicht unr unfrei regiert wird, sondern offen die gesamte liberale Weltordnung infrage stellt. Ein Land, in dem schwere Menschenrechtsverletzungen stattfinden.

In den USA gibt es schon länger Rufe nach einem Olympia-Boykott - vor allem aus dem konservativen Lager.

 

https://www.sueddeutsche.de/politik/china-tod-und-spiele-1.5257871

 

Auf dünnem Eis

Das Geschäftsmodell globaler Großveranstaltungen steht infrage - es wird nicht nur über die Winterspiele in Peking debattiert.

Klaus Höltzenbein

08.04.21 SZ, Seite 2

 

19 07 1980 Moscow Russia THE OPENING CEREMONY of the 1980 Moscow Olympic Games Olympische Spiele; F

 

"Olympische Spiele können nicht isoliert vom Weltgeschehen betrachtet werden": Die Wettbewerbe in Moskau 1980 wurden wegen des Einmarschs der Sowjetunion in Afghanistan vom Westen boykottiert.

(Foto: imago sportfotodienst/imago/Action Plus)

Die Idee von Olympia ist in ihrem Kern bis heute groß. Die alten Griechen hatten für die olympischen Wettkämpfe den olympischen Frieden, eine Art Waffenstillstand, erfunden, aber diese Idee wurde schon damals zwischen Sparta, Elis und Athen bei Bedarf auf dem Altar der Macht geopfert.

So ist es auch in der Neuzeit. Das gravierendste Beispiel war der Boykott der Sommerspiele in Moskau 1980 durch die USA und 40 Verbündete, incl. der BRD, wegen des Einmarsches der Sowjetunion in Afghanistan. 4 Jahre später folgte die übliche Antwort durch den Boykott der Sommerspiele in Los Angeles durch die Russen und 20 realsozialistische Länder.

Die Sportwelt insgesamt wird, wie bisher in jeder Boykott-Debatte, niocht allzu viel zu melden haben. Wie schwach die Stzimme des Sports wird, sobald die Politik das zepter schwoingt, hat in seiner aktiven laufbahn der Fechter Thomas Bach erfahren müssen, der heute das Internationale Olymmpische Komitee regiert.

 

https://www.sueddeutsche.de/politik/boykott-bewegung-auf-duennem-eis-1.5257846