Außer Kontrolle

Erst kam Corona, dann eine Jahrhundertflut. Und die Partei macht hier eine Schleuse auf, dort eine zu, verschont die eine Stadt und flutet die nächste. Vom Überleben in der chinesischen Provinz Hubei.

Lea Deuber

30.07.20 SZ, Seite 3

 

Es sind keine guten Zeiten, vor allem nicght für die zentralchinesische Provinz Hubei. Erst kam hier das Corona-Virus und Zehntausende erkrankten. Corona hat man im Griff - und jetzt kommt das Wasser.

In 24 Provinzen und Regionen gibt es in China gerade Überschwennungen. Flussabwärts sind Anhui, Jinagxi und Zhejiang unter Waasser: Mehr als 40 Millionen Menschen sind betroffen. Hunderte Menschen starben, Hunderte werden vermisst und Millionen sind geflohen. In mehr als 400 Flüssen ist das Wasser über die Warnschwelle geklettert; viele haben Rekordwerte. Darunter auch der Jangtse, der mächtigste aller Flüsse in China.

Viel der über 300 Millionen Wanderarbeiter wurden wegen Corona arbeitslos und kehrten in ihre Heimat zurück. Da dürften sie zunächst auch ihre Behausungen nicht mehr verlassen. Corona ist überwunden, worüber man stolz ist. Und jetzt kann man auf den Feldern fischen. Die Ernte fällt in diesem Jahr tatsächlich ins Wasser.

Der Kampf gegen das Wasser ist aussichtlos. Dämme werden geflickt und Wälle gesprengt. Schleusen werden geöffnet, an anderen Stellen wiederum nicht. Mal überflutet man Orte, um andere Regionen zu entlasten.

Entlang des Jangtse liegen Städte in der Größe von Nationen. Cim Einzugsbereich von Chongqing leben 34 Millionen Einwohner, um Wuhan 11 Millionen und um Nanjing 9 MIllionen. Und dann ist da noch der Drei-Schluchten-Staudamm, der Stolz der Nation. 2 Kilometer lang ist die Staumauer und 185 m hoch, 660 km ist der Stausee lang, die geflutete Fläche ist fast so groß wie Singapur. Über 6 MIllionen Menschen wurden damals umgesiedelt. Wichtige Kulturstätten und ganz Städte sind untergegangen. Jetzt werden große Überlaufschleusen geöffnet- Ein Stresstest für das Bauwerk.

Der Staudamm hat außerdem die Hänge ins Rutschen gebracht. Es entsteht neuer Wasserstau, der sich dann wieder unheilvoll entlädt. Teilweise hat die Bevölkerung nur wenige Stunden Zeit, um ihre Habseliigkeiten zu retten. Und Bilder der katastrophalen Situation werden nicht veröffentlicht - nur privat.

 

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